das Wesen der Motore T2

E-Bike, Pedelec, Elektrofahrrad
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doran

das Wesen der Motore T2

Beitrag von doran »

Die Funktion moderner Pedelecmotoren einem "Nichtelektriker" zu erklären stellt eine Gradwanderung dar.
Erwähnt man korrekt alles, so " werfen zu viele das Handtuch" u lesen nicht weiter - vereinfacht man so stark daß es "lesbar" bleibt, kommt man in den Grenzbereich von "halbrichtig". Da ich davon ausgehe, "etwas bleibt immer hängen" versuche ich es, - die Problematik rund um den Pedelecantrieb den mit Zweirad- Technik vertrauten Lesern näher zu bringen.

Der klassische Gleichstrommotor mit Kollektor ist praktisch für ein Pedelec unbrauchbar - Gründe: Über die
Bürsten ( Kohlen) muß Strom zugeführt werden - das geschieht nicht kontinuierlich sondern sprunghaft - der Strom wird über die Lamelle fast schlagartig zugeführt (harter Übergang). Der Strom in den Ankerspulen steigt rasch an , mit "kurzer Verzögerung" - der Anker dreht sich weiter, bis die Lamelle keinen Strom mehr über die "Bürste" zugeführt bekommt , der Strom will weiterfließen - es entsteht eine "Induktionsspannung" (EMK = elektromotorische Kraft) umgekehrter Polarität, die versucht den Strom weiterzutreiben. Diese "EMK" ist proportional der Drehzahl. ( wird mit zunehmender Drehzahl größer u umgekehrt ) Dies führt zu dem bekannten Bürstenfeuer - im Extremfall umlaufendes Bürstenfeuer. Die Folge sind unnütze Energieverluste (Wärmeentwicklung) im Extremfall Verschmoren der Lamellen - Verbrennen der Bürsten (Kohlen). Diese "Funken" stellen elektrisch betrachtet Strom u Spannungszustände dar, die undefiniert u unregelmäßig sind. Sie haben den Charakter von "Oberwellen" (Überlagerung der Gleichspannung) - ihre Frequenz u Größe ist drehzahlabhängig. Diese Oberwellen sind "Gift" für jede Elektronik. Man kann sie "wegfiltern" das treibt aber Kosten u Gewicht in die Höhe. Heftiges Bürstenfeuer führt zu raschem Verschleiß der Kohlen u des Kollektors. Das führte zur Entwicklung von "bürstenlosen-Gleichstrommotoren" - der Begriff ist nicht korrekt. Es ist mehr eine Mischform aus Gleichstrom u Drehstromsynchron - ( permanenterregter ) Motor. Heißt: Im einfachsten Fall nimmt man 3 Ankerwicklungen ( wie beim Drehstrommotor) u steuert den Strom mit "Hallgeneratoren" (oder anderen Schaltelementen) durch die Spulen. Hallgeneratoren sind magnetisch steuerbare Widerstände die rasch hochohmig oder niederohmig werden können, - bei Anlegen eines Magnetfeldes, u so den Strom zeitgerecht durch die Ankerspulen fließen lassen. Da der Übergang hoch/niederohmig " weicher " ist , wird "Bürstenfeuer" (Oberwellen ) weitestgehend vermieden. Weil die elektronischen Schalter schnell schalten sind Drehzahlen bis zu 3000 U/min.gut machbar. Bei höheren Drehzahlen entstehen durch die "Schaltflanken" der elektronischen Schaltelemente zunehmend Störimpulse mit ähnlicher Wirkung wie "Bürstenfeuer". Diese sind aber im Gegensatz zum Bürstenfeuer - definierter u gleichmäßiger - leichter zu filtern. Hohe Drehzahlen lassen den Motor zierlicher ( Kleiner) werden - größenmäßig geht das in Richtung Schaltnabe vom Rad.

Da beim Pedelec nur 250 W. zulässig sind, wurde es möglich die Statorwicklungen durch Permanentmagnete zu ersetzen. Der Motor wurde einfacher - robuster - störunanfälliger. Kluge Konstrukteure haben dann Rotor u Stator vertauscht u den sogenannten "Außenläufer" geschaffen. Heißt: Die Permanentmagnete wanderten nach innen - die "ehemaligen sich drehenden Ankerspulen" nach außen. Dadurch wird die Stromzuführung um ein Vielfaches einfacher. Außenläufer sind langsam drehende Motoren ( Bion-X ) sie werden mit "kurzen Speichen" in das Rad integriert - es entfallen die "Koppelelemente" Kupplung u Getriebe. Solche Motoren werden anders dimensioniert - schmale Bauform - großer Durchmesser - Polzahlen 16 bis 24 u mehr. Daraus resultieren, bezogen auf die Nennleistung große Drehmomente bei niedrigen Drehzahlen - so große Drehmomente daß man ohne Kupplung u Getriebe aus dem Stand bis 25 kmh fahren kann. Auch ihre Bergtauglichkeit ist ordentlich. Neue Entwicklungen lassen den "250 W.-Motor" kurzzeitig ( 3 min.) 600 W. entwickeln , z.B. beim Start mit vollem Tritt in die Pedale. Denkbar ist eine Weiterentwicklung - daß man den Motor in die Felge integriert - damit ließe sich das Drehmoment vervielfachen, - die " Motorbremse" ( Stromrückgewinnung = Rekuperation) würde so effektiv, daß eine zusätzliche Bremse nur noch als Notbremse erforderlich wäre. Anstatt 3 Wicklungen setzen sich mehr u mehr 6 oder mehr durch. Dadurch sinkt die notwendige Drehzahl - Störimpulse werden kleiner - schnelldrehende Motoren "bauen" im Durchmesser kleiner - jedoch breiter - benötigen typisch ein "Planetengetriebe" ( Sanyo-Motor ) sind etwas "antrittsschwächer" - haben mehr Bauteile - sind optisch aber gefälliger - für Tourenräder die beste Wahl. Bei Sporträdern wird wohl der drehmomentstarke Außenläufer ohne Getriebe das Rennen machen. Da er starr gekoppelt ist, wird er problematisch beim Fahren ohne Ansteuerung ( Generator-Bremseffekt ) Hier wird eine" Leerlaufbestromung" notwendig, die minimal einen Strom durch die Spulen treibt damit der Motor noch im" Motormodus ohne Energieabgabe" verbleibt. Moderne Antriebe haben das heute - sollte man vor dem Kauf prüfen, sonst wirds später unangenehm. Anstatt "Hallgeneratoren" verwendet man vielfach auch Transistoren oder Thyristoren u Leistungs-FET's (Feldeffekttransistoren) mehr u mehr "im Block" als Leistungs-Steuermodul hergestellt. Welche Schaltelemente verwendet werden, entscheidet der Entwickler nach Anforderungsprofil fürs Rad u dem Kostenrahmen in dem er sich bewegen darf. Die Funktion dieser unterschiedlichen Schaltelemente für den Motor ist gleich - Außer Hallelementen werden sie nicht mit Magnetfeld, - sondern mit Steuerstrom-Impulsen angesteuert. FET's werden ähnlich den "alten Röhren" hochohmig - spannungsgesteuert. Was sich langfristig durchsetzt wird der Markt entscheiden. Nicht immer gewinnt die technisch beste Lösung, oft spielt die Produktreife u die Haltbarkeit sowie der Service eine noch wichtigere Rolle. Die Ansteuerung der Schaltelemente geschieht auf unterschiedliche Weise. Der Knackpunkt ist die Erfassung des Motordrehwinkels um zeitgerecht Strom durch die zugehörige Spule zu schicken - worauf ein Magnetfeld erzeugt wird daß den Anker oder Stator weiter dreht. Dies geht mit Hallsensoren oder Foto-Dioden oder F.-Transistoren oder F.-Widerständen - diese Teile werden in unterschiedlichen Konstruktionen für die Ansteuerung des Leistungs-Steuermodules verwendet. Eine Sonderform ist die "sensorlose" (sensorless) Ansteuerung - dabei verwendet man die Induktionsspannung (Gegen-EMK ) der Spulen um den Einschaltpunkt zu definieren. Weiter möchte ich hier nicht gehen um niemand zu vergraulen. (langweilen)

Verwandte Motorformen sind dem Prinzip nach "Drehstrommotore" die als Synchron / Asynchron - Motor
u als Kombination gebaut werden. Hierzu kann man die "Scheibenläufermotore" zählen. Das umlaufende
Drehstromfeld wird durch umlaufende Ansteuerung der Spulen mit gepulstem Gleichstrom nachgebildet. Da
durch entsteht eine Drehbewegung vergleichbar wie beim Drehstromnetz . Bei gleichbleibender Steuer-Frequenz legt man den Motor als Asynchronmaschine aus. ( besseres Startvermögen ) Steuert man mit variabler Frequenz an , so bietet sich der Synchronmotor an. Um das Startverhalten zu verbessern gibt man dem Synchronmotor noch ein Asynchronteil hinzu - ähnlich dem "Doppelschlußmotor" bei den Gleichstrommotoren. Zunehmend tauchen frequenzgeführte Motore auf, die den Asynchronteil als Starthilfe entbehrlich machen. Ein Drehfeld erzeugen, kann die Leistungelektronik heute leicht. Dies wird dann ergänzt mit variablen Pulslängen u Pulsfolgen. Dadurch werden Mischformen im Motorbau möglich, wo vor 20 Jahren niemand an gedacht hätte. Die Pedelecmotore haben einen Entwicklungsschub bekommen - vergleichbar mit den Verbrennungsmotoren durch Einführung von "Einspritzern" ( Multipoint ) Klopfregelung - elektronische Kennfeldzündung ( Weiterentwicklung v. Transistor u Thyristorzündung ) u Vierventiltechnik - obenliegende-doppelte Nockenwellen mit Schlepphebel u variablen Steuerzeiten.) Wo das hingeht weiß niemand. Die Entwicklung der Pedelecmotore wird sich von den Fahrzeugmotoren für "E-Bikes" absetzen. E-Bikemotore gehen in der "Mofaklasse" bis ca. 1200 W. oder "Moped/Roller-Klasse" bis 2500 W. Setzt man einen Wirkungsgrad von 85% an, bedeuted dies in erster Näherung daß beim Pedelec 37,5 Watt Verlustleistung über den Radnabenmotor abgeführt werden müssen. - Sicherlich auch bei 35° c im Sommer kein Problem - beim Mofa wären das schon 180 Watt - beim Moped/Roller 375 Watt u das an einer Felge von 10 - 12 Zoll Durchmesser. Da gibt es sehr wohl ein Problem, u Konstrukteure sind gezwungen andere Wege zu gehen als beim Pedelec. Ähnliches trifft für die Dauermagnete im Motor zu. Der bei größeren Leistungen erforderliche hohe Magnetfluß ist mit Permanentmagneten nicht zu machen. Ferrite ( gebackenes magnetisches Eisenpulver) setzt hier früh Grenzen, jenseits der 250 W. - Pedelecleistung. Mit "seltenen Erden" als Magnetwerkstoff läßt sich die Grenze ein gut Stück verschieben - aber auch der Preis verschiebt sich. Mischformen von Ferriten u "seltenen Erden" mildern das Problem - lösen es aber letztendlich nicht. Ersetzt man die Dauermagnete durch Spulen ( technisch kein Problem) führt das zu anderen Motorkonstruktionen , dies wird eintreten. Ein Nebeneffekt sind die notwendig werdenden größeren Querschnitte jenseits der 250 W.-Klasse. 250 Watt bedeuten bei 24 V gut 10 A bei Maximalleistung, da reicht 1,5 "Quadrat"-mm aus für Drähte u "Beinchen" der Schaltelemente. 1200 W. beim Mofa heißt: Faktor 4,8 da muß dann 6 oder 10 Quadrat her - mechanisch eine andere Größenordnung. Für den Moped/Roller wären dann 16 oder 25 Quadrat fällig. Aus diesem Grund verwendet man hier 36 V. u mehr u mehr 48 V. - Technik um die Ströme u damit die Querschnitte reduzieren zu können. Man sieht hier schon rasch daß sich Pedelec u E.-Biketechnik voneinander entfernen werden, aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen.

Wenn man etwas in die Motortechnik des Pedelec " hineingerochen" hat, wird einem schnell klar, daß Motor
u Steuereinheit zusammengehören - wenn optimierte Verhältnisse erwartet werden. Buntes Zusammewürfeln
von Einzelkomponenten führt maximal zu mittelmäßigen Resultaten. Die Firmen stecken in die Optimierung
ihrer Motore mit Steuereinheit viel Zeit - Geld u Sachverstand. Eine Ausnahme kann man gelten lassen für
die "E-Tuner" , in dieser Scene wird experimentiert was das Zeug hält. Auf verschiedenen "Fachebenen" wird
"zusammengestrickt" u wieder verworfen daß durchaus ab u an etwas Sinnvolles dabei heraus kommt. Kluge
Konstrukteure nehmen diese Ansätze auf , machen sie marktreif u lassen sie als Neuerung in ein Firmenprodukt einfließen. Soviel wie die "E-Tuner" in ihrer Gesamtheit ausprobieren, kann kein Entwicklungslabor leisten , auch nicht innerhalb einer großen Firma. Bei einem fertigen Pedelec oder einem Bausatz einer etablierten Firma bekommt man in jedem Fall einen Antrieb der ordentlich läuft. Der Antrieb am Pedelec ist ein "starkes" Glied in der Kette der Bauteile des Rades, u heute durchaus als betriebssicher u gebrauchstüchtig anzusehen. Genug für heute um nicht zu übertreiben ... Gruß Doran.
rennsemmel

Re: das Wesen der Motore T2

Beitrag von rennsemmel »

Tag !

Sehr gut erklärt !

Ich komm da schon noch mit als Elektroniker/Mechatroniker ,aber als Laie ist es ein hartes Brot ,denke ich.

Ich warte noch bis es mal nen Elektroantrieb gibt, der so 50 kmh macht, ohne dazutreten, und 100km ohne Rückenwind,Berge bis 20 Prozent steigung !

Das Ganze für 1000 Euro :wink: naja ,man darf ja noch träumen...

vielleicht noch ein Dünnschichtausziehsegel ca.1 m²,damit man sie im Sommer in der Sonne ,während der Arbeit ca.8 Stunden aufladen kann ...


Mfg
DiDi
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Registriert: Montag 20. Oktober 2008, 19:27
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Re: das Wesen der Motore T2

Beitrag von DiDi »

Doran,
wieder eine schöne Erklärung von Dir
Für den inneren Schweinehund gibt es eine Erklärung aus der Evolution ; er muss uns zugelaufen sein .
Saxorotti

Re: das Wesen der Motore T2

Beitrag von Saxorotti »

informativer beitrag kompliment. ich schätze mal grob in 10 jahren wird das reichweiten / nachtank problem gelöst sein. dann erst werde ich mir ein elektrorad zulegen allerdings ein selbstfahrendes kein pedelec.
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